Religionen in China: Sinisierung kontra Religionsfreiheit

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Rund 1,4 Mrd. Menschen leben in China. Das bevölkerungsreichste Land der Erde macht jedoch nicht durch Freundlichkeit auf sich aufmerksam. Zumindest, was die Religionen in China angeht, herrscht Krieg.

Religionen in China: Nur theoretische eine Glaubensfreiheit

Gern stellt sich China als weltoffenes Land dar, mit einer Politik, die nur im Sinne der Gesellschaft handelt. In vielen Teilen der Welt wird das anders gesehen und gerade das Thema Religionen in China wird eher als Verfolgungspolitik gesehen. Denn: Die autonomen Minderheiten müssen sich fügen, es gibt Umerziehungslager für Anhänger des Islam.

Die Sinisierung ist das große Ziel, das von der Politik angestrebt wird. Damit wird in Bezug auf die Religionsfreiheit ebenso verfahren wie in Bezug auf verschiedene Parteien: Politische Organisationen, die gesamte zivile Gesellschaft und die Medien müssen sich den politischen Vorgaben des Landesführers unterordnen.

Eine strenge Regulation schließt auch die religiösen Aktivitäten mit ein. Ein steigender Druck auf Muslime und Christen zeigt das überdeutlich, von Religionsfreiheit ist keine Spur erkennbar.

Der Daoismus ist eine der traditionellen Religionen Chinas. ( Foto: Adobe Stock - myimagination )

Der Daoismus ist eine der traditionellen Religionen Chinas. ( Foto: Adobe Stock – myimagination )

 

Religionen in China im Überblick

Welche Religionen gibt es in China? Neben dem Buddhismus sind auch der Daoismus sowie das Christentum und der Islam verbreitet, auch der Taoismus muss erwähnt werden. Doch die Sache hat einen Haken: Die Religionen in China sind nur solange erlaubt oder geduldet, wie sie sich nicht gegen die Regierung richten. Und auch wenn die jeweiligen Anhänger die Regierung nicht einmal konkret bedrohen, sieht die Landesführung dies dennoch derart.

Die Religionspolitik muss sich heute nach der Verfassung und nicht nach dem Willen der Menschen richten. Die Partei schreibt zahlreiche Dokumente, die sich mit der Religion in China befassen und diese reglementieren sollen. Ein definitives Religionsgesetz gibt es aber noch nicht. Ein solches würde ohnehin nur vorsehen, dass sich sämtliche Religionen dem Staat und der sozialistischen Ideologie unterzuordnen haben. Woran einzelne Menschen glauben oder glauben wollen, ist dabei unerheblich.

Der Konfuzianismus galt in China stets als Philosophie des Staates, wobei Konfuzius der Meinung war, dass Religion ein Aberglaube sei. Als der Konfuzianismus in China seine Blütezeit hatte, konnten sich Buddhismus, Daoismus, Christentum oder Islam nicht durchsetzen.

Genau diese vier Religionen sind aber heute in China anerkannt:

  • Buddhismus
  • Islam
  • Daoismus
  • Christentum

Die Gesellschaft Chinas setzt immer noch auf den Buddhismus, der am häufigsten zu finden ist. Der Konfuzianismus gilt heute eher als im Bereich der Ethik anzusiedeln und wird nicht als Religion Chinas bezeichnet. Die Ideale der Lehre sind aber immer noch für viele Menschen Chinas bindend.

Die Gesellschaft Chinas setzt immer noch auf den Buddhismus, der am häufigsten zu finden ist. ( Foto: Adobe Stock - Sebaszua )

Die Gesellschaft Chinas setzt immer noch auf den Buddhismus, der am häufigsten zu finden ist. ( Foto: Adobe Stock – Sebaszua )

 

Kritik: Angeblicher Atheismus in China wird vergeblich gesucht

Chinas Landesführung setzt auf Macht und Unterdrückung, auch wenn sie das so in der Öffentlichkeit nicht verstanden wissen will. Dies zeigt sich auch in den Religionen in China. Seit 1982 herrscht angeblich der Atheismus, also die Religionsfreiheit in großen Teilen Chinas bzw. in der Theorie im ganzen Land vor. Doch ist der freie Glaube überhaupt möglich?

Chinakenner wissen, dass der Atheismus nur auf dem Papier anerkannt ist, denn im Grunde ist er mal mehr, mal weniger stark vorhanden. Xi Jinping, seines Zeichens nach Staats- und Parteichef, lässt den Bewegungsspielraum für die Religionen in China immer kleiner werden. Islam und Christentum leiden besonders, Anhänger werden in Umerziehungslagern festgehalten. Sie werden als Bedrohung für die kommunistische Führung Chinas gesehen.

Der Islam ist ebenfalls ein weit verbreiteter Glaube ( Foto: Adobe Stock - Julian )

Der Islam ist ebenfalls ein weit verbreiteter Glaube ( Foto: Adobe Stock – Julian )

 

Unterordnung wird gewünscht

Die Religionen sollen sich dem Sozialismus unterordnen, wenn es nach dem Willen des Staatschefs geht. Auch wenn Moscheen in verschiedenen Landesteilen immer noch als Tourismusattraktionen gelten und verschiedene Reiseplattformen sogar mit ihnen werben, sind sie doch in China nicht mehr gesehen. Dieser Wunsch nach einer Sinisierung kommt allerdings nicht aus der Gesellschaft heraus, sondern entstammt dem Wunsch des Staatschefs Jinping.

Ein Beispiel dafür ist die Nanguan-Moschee, die wie ein islamischer Prachtbau präsentiert wird. Tatsächlich ist sie das aber nicht, denn der Eingang der Moschee ist mittlerweile vergittert, das islamische Gotteshaus gleicht eher einem schlichten Funktionsbau. Der Grund: Es wurden Renovierungen vorgenommen, in deren Rahmen arabische Schriftzeichen entfernt wurden. Minarette gibt es hier nicht mehr zu sehen, vielmehr weht heute die rote Flagge Chinas auf der Moschee. So viel zum Thema Glaubensfreiheit, die unter den Augen der Öffentlichkeit tagtäglich mit Füßen getreten wird.

Besonders betroffen sind die Uiguren, eine muslimische Minderheit Chinas. Schon seit Jahren findet eine brutale Unterdrückung des Turkvolkes statt, was aber in vielen Teilen der Welt totgeschwiegen wird. Bekannt ist es nur den Menschen, die sich dafür interessieren. Die wissen dann auch, dass sich die Uiguren heute in Umerziehungslagern befinden, denn sie sollen echte und treue Chinesen werden.

Wenig bekannt ist, dass viele Muslime Chinas nicht den Uiguren angehören, sondern den Hui. Rund zehn Millionen Hui gibt es in China. Sie haben sich in Bezug auf die Kultur und ihre Religion inzwischen angepasst. Dennoch werden sie verstärkt vom Staat verfolgt. In Yinchuan, einer Provinz in Nordwestchina, lässt sich das besonders gut beobachten. Dort sind muslimische Gebetsrufe nicht mehr erlaubt, denn es wurde ein Lärmschutz ins Leben gerufen.

Korane sind in den Souvenirläden nicht mehr erhältlich und dürfen auch nicht mehr verkauft werden. Das gesamte Stadtbild Yinchuans hat sich verändert und noch nicht einmal der Fluss Aiyi durfte seinen Namen behalten. Angeblich klang er zu muslimisch, daher musste er umgetauft werden. Ein Experte der Ningxia-Universität erklärte 2018, dass der Name zu sehr an Aisha erinnern würde, eine der fünf Frauen des Propheten Mohammed.

Damit wiederum wurde gegen das seit 2013 geltende Gesetz verstoßen, laut dem in Yinchuan keine Örtlichkeiten nach ausländischen Personen zu benennen sind. Dieses Gesetz traf auch die ehemalige Prachtstraße, die heute als „Straße der Einheit“ bekannt ist. Im dortigen Park wurde sogar eine riesige Statue eingerissen, die die Form eines Halbmonds hatte.

Das Christentum ist nicht nur in Deutschland weit verbreitet . ( Foto: Adobe Stock - Yandry Fernández )

Das Christentum ist nicht nur in Deutschland weit verbreitet . ( Foto: Adobe Stock – Yandry Fernández )

 

Überwachung der Religionsfreiheit durch den Staat

Xi Jinping forderte schon 2016, dass sich sämtliche Religionen an China ausrichten müssten. Sie sollten sich an die sozialistische Gesellschaft anpassen. Theoretisch ist die Religionsfreiheit damit zwar gegeben, praktisch aber müssen alle eine jederzeitige Kontrolle und Regulierung fürchten. Chinesische Religionen unterliegen der ständigen Kontrolle, so wie alle Gesellschaftsbereiche, die der Partei nicht direkt unterstellt werden können.

Jeder Kontakt mit der Außenwelt oder auch den verschiedenen Religionen in China wird als potenzielle Bedrohung gesehen. Die Führungsriege fürchtet, dass sich die Religionen als Brutstätte oppositioneller Kräfte entpuppen könnten.

Auch jüngere Beispiele zeigen, wie es um die Religionen in China steht. Ende August 2022 erhielten die Bischöfe der Katholischen Patriotischen Vereinigung eine Vorladung ins Regierungsviertel nach Peking. Sie mussten verschiedene Treuegelübte ablegen und sich verpflichten, der Gedankenlehre Jinpings in Bezug auf den Sozialismus zu folgen. Außerdem mussten sich die Bischöfe dazu verpflichten, den Kontakt und mögliche Infiltrierungen durch ausländische – natürlich grundsätzlich feindlich gestimmte – Kräfte abzuwehren. Wo bleibt hier die Religionsfreiheit?

Der Staat und die Politik stehen also immer an erster Stelle. Er kontrolliert, was die Menschen machen, mit wem sie Kontakt haben und an wen oder was sie glauben dürfen. Arabische Schriftzeichen verschwinden aus der Öffentlichkeit, die Häuserfassaden verändern sich und wirken eher wie folkloristische Überlieferungen als historische Gebäude. Moscheen werden von mobilen Polizeiwachen überprüft, im Rahmen angeblicher Renovierungen werden die Kernwerte des Sozialismus, die Jinping mit seinen 12 Thesen dargestellt hat, angeschlagen.

Es geht dabei um Patriotismus und angeblich um Demokratie. Wo diese im Alltag in China ist und wo sie insbesondere in Bezug auf die Religionen in China ausgelebt werden darf, ist nicht ganz klar. Fakt ist aber, dass sich die Anhänger verschiedener Glaubensrichtungen entweder an eine neue Religionsordnung gewöhnen müssen oder damit rechnen können, dauerhaft verfolgt zu werden.

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